Columbiahalle
Berlin, Germany (04.07.01)
   
   
about 110 mins.
vocals: Tricky, Ambersunshower, Hawkman, Marlon
 
1
Yukiko (Intro)
2
You Don't Wanna
3
For Real (short)
4
Give It To 'Em
5
Overcome
6
Lyrics Of Fury
7
Bury The Evidence
8
Feed Me
9
Ace Of Spades
10
Diss Never
11
Girls
12
Black Steel
13
Critic ("Original, Original")
14
Christiansands
15
Evolution Revolution Love
16
Vent

here's my review:

Unfortunately the concert was moved to the much bigger Columbiahalle in the last minute, where the sound was not very good. Also I personally prefer smaller locations, as a friend of mine one said: The smaller the club, the more energy. The show started at about 10 PM with Yukiko as an intro and You Don't Wanna afterwards. Tricky and Hawkman were standing with their backs to the audience, and up to Bury The Evidence it seemed that Tricky would use his vocals as sparse as on Blowback. For Real was played as a short, almost instrumental version and turned into Give It To 'Em, the first real highlight of the show. Hawkman turned out to be a great live vocalist, much better than Ambersunshower, who had some weaknesses, especially with Overcome and Black Steel. Nevertheless she was great and definitely the best Martina replacement I had seen so far.

As before Tricky was hardly involved in the next two songs, Overcome was sung by Ambersunshower alone and he just threw in some lines in Lyrics Of Fury, almost confused and not getting into his own show. That definitely changed with Bury The Evidence which was played in a long and energetic version as the old Movies Don't Move Me. The audience used the next song - Feed Me - to relax a little, as the show was really great and intense so far. At the end of Feed Me the music suddenly stopped except for Mark Thwaite and a guitar solo. Another rapper (very young, maybe one of Tricky's brothers?) entered the stage and a new song was played, with the young guy (almost rapping as fast as Mad Dog, but better in my opinion), Hawkman and Tricky. The song was not bad and the crowd was into it, though it was a new one. The only recognizable thing were some lyrics of Piano in Tricky's part, especially the line "can you feel my heartbeat" was repeated all over. 

After a little relaxing with Diss Never another fast and energy loaded song followed: Girls. Ambersunshower took over the part of Anthony Kiedis, and as a lot of songs it was playedmuch longer than the album version. Black Steel continued with the same energy, though I thought that Ambersunshower's voice and the way she sang it didn't fit. The next song was the climax after these fast songs: it was another new song, but started as the live song "Original, Original", with the same guitar part and lyrics ("everybody's a critic..."). As the other new song it was played really long and for the first time a couple of people around me were almost confused and annoyed by the heavy-metal-like guitar waves that were poured over them.

But the band played the well known Christiansands afterwards, and everyone was happy again. It's funny to see that all the older songs came from Maxinquaye or Pre Millenium Tension - not one song was played off of Juxtapose or Angels With Dirty Faces. The choice of songs looks like they wanted to play the most popular and pop songs as to reach a mainstream audience, but the way the songs were played turned that goal ad absurdum. Also Evolution Revolution Love was played in a much longer and intense version. 

The show ended with an almost 15 minutes long Vent as an encore (I already thought: hey, you can't leave without Vent!), with the tyical Tricky mantras. So all in all a great show like always, full of energy and longer improvised versions. And for the first time I saw a Tricky concert with almost what you could call a light show (though sometimes more light on the audience than on stage). 


a review from Berliner Morgenpost, July 6:

Tricky grunzt: Anti-Star im Schummerlicht

An einem lauen Sommerabend gibt es näher liegende Beschäftigungen, als sich in eine schwarz verhangene Columbiahalle zu stellen und dort düsteren Botschaften zu lauschen. Aber die verkündet schließlich der englische Sänger und Produzent Adrian Thaws alias Tricky. Der ausgewiesene Anti-Star mag nicht im Rampenlicht stehen und bevorzugt daher schummrige Beleuchtung. Er kehrt dem Publikum hartnäckig den Rücken zu. Er lässt Sängerin Ambersunshower den Vortritt, die den elektronischen Song «You Don't Wanna» anstimmt. In der Mitte steht der jamaikanische Rapper Hawkman, dahinter vier Musiker an Bass, Schlagzeug, Keyboards und Gitarre.

Die Besetzung lässt auf Rockmusik schließen. In der Tat erklingen viele metallische Riffs und heftige Trommelschläge, die man mit Tricky in dieser offensiven Form bislang nicht assoziierte. Auch der Sänger selbst wirkt, sobald er einmal vor das Mikro tritt, nicht teilnahmslos. Er grunzt, sein ganzer Körper bebt, als stünde er unter Strom. In diesen Momenten spürt man die unglaubliche Besessenheit dieses Musikers.

Bei der Songauswahl greift Tricky mit «Karma Koma» überraschend auf ein Stück aus der Massive Attack-Zeit zurück. Sonst konzentrieren sich der widerwillige Frontmann und seine Band auf neue Songs, die alle in der Tradition harten amerikanischen Blues-Rocks stehen und durch urbanes Dance-, Soul- und Reggae-Flair ergänzt werden. Auf dieser Grundlage entwickelt sich über weite Strecken ein fesselndes Konzert, wenngleich es der Hohepriester des Orkus gegen Ende mit der morbiden Schwere etwas übertreibt. huf


a review from the TAZ, July 6:

Sound der Freiheit

In der Columbiahalle zeigte sich Tricky als Rocker unter Starkstrom und lieferte eine aufregende Show

          von ANDREAS HARTMANN

Natürlich war man gespannt. Auf ein Konzert von Tricky ist man immer gespannt. Legendär und berüchtigt sind seine Konzerte, nachdem er Mitte der Neunziger durch sein epochales Debütalbum "Maxinque" zu einem der exaltiertesten Popstars überhaupt aufstieg. Ganze Auftritte hat er, mit dem Rücken zum Publikum gewandt, hinter sich gebracht.

Oder er verschwand samt seinen Musikern hinter dichten Trockeneisschwaden, während klaustrophober Düster-TripHop, dessen Ursprung nicht mehr verortbar war, beängstigend über dem Publikum klebte. Doch damals waren die Zeiten auch noch härter für Tricky. Die Angst davor, sich der Menge zu stellen, diese ausgestellte Arroganz, war die Angst davor, sich vereinnahmen zu lassen. Popstars, so verlangen es die Spielregeln, gehören allen, und Popstars, die gewisse Regeln nicht akzeptieren wollen, müssen irgendwann damit rechnen, fallen gelassen zu werden. Doch genau diese Gefahr nahm Tricky in Kauf. Immer wieder schlug er neue Haken, lieferte kontroverse Platten ab und entwickelte mit der Zeit eine ungesunde Popstar-Paranoia. Seiner eigenen Plattenfirma schrieb er eine Sklavenhaltermentalität zu und gleichzeitig fiel er immer stärker in Depressionen.

Doch jetzt, so lässt er überall verlauten, hat sich Tricky endlich frei gespielt. Ähnliches gab er zwar schon anlässlich seiner letzten Platten "Juxtapose", einem ziemlich gelungenen Ausflug in Richtung HipHop bekannt, doch erst jetzt ist Tricky, sein Konzert unterstrich das nochmals, wirklich mit sich im Reinen.

Als das Konzert beginnt, bleibt die Bühne ein Stück lang völlig verdunkelt, und man denkt schon, die Dämonen der Vergangenheit haben ihn wieder eingeholt. Doch schon beim zweiten Song steht die Columbiahalle unter Vollbeleuchtung und ein aufregendes Konzert beginnt. Mitgebracht hat Tricky neben seiner ziemlich studiomuckermäßigen Band eine Sängerin, die den Part seiner früheren Chanteuse Martina übernimmt und souverän die schwere Aufgabe meistert. Außerdem einen Dancehall-Rapper, der sich stark mit einbringt und eine der radikalen Neuerungen der aktuellen Tricky-Platte markiert. Ragga ist eines ihrer Basiselemente. Ragga, angedeuteter Mainstream durch Gaststars wie Alanis Morissette und Cindy Lauper und Rock.

Ed Kowalczyk von der Rocktruppe Live ist auf "Blowback" genauso mit von der Partie wie die Red Hot Chilli Peppers. Doch während auf der Platte Rock lediglich ein tragendes Element unter mehreren ist, wird Tricky live zur totalen Rocksau. Das erinnert dann wahlweise an den Hardcore der Bad Brains, an den Crossover von Faith No More, an so manche Metalballade, ja sogar an Billy Idol. Die Präzisionsarbeiter an Gitarre, Schlagzeug, Bass bleiben zwar gesichtslos, doch für die Performance sorgt ja der Chef. Wie unter spastischen Zuckungen schmeißt er den Kopf auf seinem drahtigen Iggy-Pop-Körper hin und her, singt, faucht, kratzbeißt mit seiner Stimme und sein bald freigelegter Oberkörper scheint unter Starkstrom zu stehen. Aus Tricky, dem Solokünstler, wird live Tricky die Band. Alles fließt ineinander über, Ragga, TripHop, Trickys Krächzen.

Die düsteren Seiten Trickys sind nur noch Narben, nur selten werden frühere Stücke ausgegraben, zu denen die Bühne verdunkelt wird. Meist überwiegt hyperhektisches Lichtgeflacker, die perfekte Illuminierung für die brodelnde Energie, die von der Bühne schwabbt. Rock als Sound der Freiheit, bis zum Konzert von Tricky wollte man an diesen Mythos nicht mehr so recht glauben. Dank Tricky lebt er wieder.
 


a review from Tagesspiegel, July 8:

Lärmlawine: Tricky im Columbiafritz (Pop) und weitere Bühnenberichte 

Oliver Heilwagen
 
Tricky ist der "21 Century Schizoid Man". So ähnlich dürften sich die Konzeptrocker von King Crimson die Symbolgestalt des kommenden Jahrhunderts vorgestellt haben, als sie vor dreißig Jahren den berühmten Titelsong ihres Debütalbums schrieben - verhaltensgestört, kontaktscheu, an der Grenze zum Wahnsinn. 1995 nahm Tricky die wahrscheinlich beste Trip-Hop-Platte der Dekade auf. Sein Erstling "Maxinquaye" wurde ein Hit, das Gettokid aus dem britischen Bristol zum Star. Der Erfolg überforderte ihn völlig: Tricky brachte nur noch düster dröhnende Geräuschcollagen heraus, in denen er mit aller Welt abrechnete. Erst sein jüngstes Werk "Blowback" klingt wieder etwas
zugänglicher. Beim Konzert im Columbiafritz ist davon aber wenig zu spüren: Zum unbarmherzig stampfenden Maschinenbeat seiner sechs Mitstreiter zelebriert er einen selbstquälerischen Egotrip. Blutrot angestrahlt, stilisiert sich Tricky zum Schmerzensmann. Dabei haut er in seinen Songs lauter ungeschlachte Klangbrocken zusammen, die wunderbar zueinander passen. Manche Kritiker bescheinigen ihm musikalische Genialität, stellen ihn in eine Reihe mit Mozart und Bach. Jedenfalls hat niemand zuvor solche Lärmlawinen komponiert, die sich trotz zahlloser Stilbrüche mit bezwingender Binnenlogik entwickeln. Soll man von Heavy-Metal-Miniopern oder Selbstmördersoul sprechen? Was natürlich ein erlesenes Publikum anzieht. Selten sieht man so viele Gestrandete, Gescheiterte und Stadtneurotiker beisammen. Wenn der Berserker auf der Bühne nach zwei Stunden seine private Revolution der Popmusik durchdeklamiert hat, erreicht die Depression ihren Höhepunkt. Beeindruckend, aber auf Dauer unerträglich. 

 

   
 

 


back to tricky
concertography
back to tricky